In M. Night Shyamalans „Split“ gibt James McAvoy einen Mann mit multipler Persönlichkeit, der über ganze 23 Identitäten verfügt. Einige davon organisieren das Kidnapping von drei Teenagern, die in einem unterirdischen Gefängnis eingesperrt werden und versuchen sich aus den Fängen ihres Entführers zu befreien.
Originaltitel: Split__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2016__Regie: M. Night Shyamalan__Darsteller: James McAvoy, Anya Taylor-Joy, Betty Buckley, Haley Lu Richardson, Jessica Sula, Brian Gildea, Brad William Henke, M. Night Shyamalan, Bruce Willis u.a. |
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In M. Night Shyamalans Psychothriller „Split“ geht es um gespaltene Persönlichkeiten
Nach den Flops seiner groß budgetierten Filme „The Last Airbender“ und „After Earth“ sah es nicht gerade rosig für M. Night Shyamalan aus, doch die auf Horror spezialisierte Schmiede Blumhouse verhalf ihm zu einer Art Comeback: „The Visit“ wurde nach bewährtem Blumhouse-Rezept zum Hollywood-Sparpreis von 5 Millionen Dollar realisiert, spielte aber fast 100 Millionen ein.
Nach bewährtem Sparrezept ist auch sein zweiter Film für Blumhouse, „Split“, inszeniert. Wenige Schauplätze, wenige Darsteller. Dabei geht er auch erzählerisch sehr ökonomisch vor, wenn er zu Anfang drei seiner Hauptfiguren bei einer Geburtstagsparty einführt. Gastgeberin Claire (Haley Lu Richardson) ist superbeliebt und Wortführerin, ihre Freundin Marcia (Jessica Sula) eher eine Mitläuferin, während die Außenseiterin Casey (Anya Taylor-Joy) in erster Linie eingeladen wurde, weil Claire alle aus ihrem Kunstkurs eingeladen hatte. Auch in der Kleidung zeichnet sich der Kontrast zwischen den hippen Mädels und der in viele Schichten Schlabberkleidung gehüllten Casey ab.
Passend zum anfangs sehr nüchtern-unterkühlten Stil des Films geschieht dann auch der Umbruch von Feierlaune zu Katastrophe: Claires Vater will seine Tochter, Marcia und Casey eben nach Hause fahren, als ein Mann (James McAvoy) erst ihn erst ihn, danach die Mädels mit Hilfe der chemischen Keule betäubt, was still und fast unbemerkt vonstattengeht: Erst bemerken die drei gar nicht, dass es nicht der Vater ist, der ins Auto steigt, während ihre Entführung auf dem vollen Parkplatz von niemandem wahrgenommen wird. Als das Trio erwacht, befindet es sich in einem selbstgebauten Gefängnis, der aber wesentlich nüchterner als gängige Torture-Porn-Höhlen und artverwandte Horrorkeller eingerichtet ist.
Es ist schwer aus dem Mann, der sich als Dennis vorstellt, etwas herauszubekommen. Nur, dass sie für einen bestimmten Zweck entführt wurden. Bald wird den dreien jedoch klar, dass ihr Entführer über gleich mehrere Persönlichkeiten verfügt, darunter auch die strenge Patricia und der neunjährige Hedwig. Doch egal mit wem sie es gerade zu tun haben, Flucht ist ihre oberste Priorität…
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Casey (Anya Taylor-Joy) versucht den Entführer dazu überreden sie und die anderen gehen zu lassen
Mit diesem Setting wechselt „Split“ vor allem zwischen zwei Räumlichkeiten hin und her: Das Kellergewölbe, in dem die Entführten gefangen gehalten werden, und das Büro der Psychiaterin Dr. Fletcher (Betty Buckley), die den Kidnapper behandelt, der über insgesamt 23 verschiedene Persönlichkeiten verfügt. Dabei wird die Dr. Fletcher nicht einfach nur als Morgan-Freeman-Erklärbär eingesetzt, sondern die Behandlung im Büro und die Misshandlung im Keller bedingen einander: Schon früh erahnt Dr. Fletcher, dass etwas ihren Patienten, der meist als schwuler Modedesigner Barry die Sitzungen besucht, aus der Ruhe gebracht hat. Der unter DID (Dissociative Identity Disorder) leidende Mann wird von ihr mit Vorsicht behandelt, ist sie sich seiner Situation doch bewusst und versucht mehr akademische und öffentliche Aufmerksamkeit für die Störung zu bekommen, die sie nicht nur als Krankheit, sondern auch als Chance für die Betroffenen begreift.
Einen derartig Betroffenen zu spielen ist natürlich ein gefundenes Fressen, aber auch eine Herausforderung für jeden Charakterdarsteller und James McAvoy („X-Men – Apocalypse“) ist ihr mehr als gewachsen. Zwar muss er nicht alle Persönlichkeiten seiner Figur darstellen (einige kommen gar nicht vor, andere haben nur kurze Auftritte in Videoaufzeichnungen), aber schon das präsentierte Ensemble spielt er mit famoser Präzision, macht die Unterschiede schon durch Mimik, Gestik und Blicke klar, spielt sogar Szenen, in sich eine Persönlichkeit als eine andere ausgibt unglaublich nuanciert. Anya Taylor-Joy („The Witch“) als am prominentesten beleuchte Opferfigur steht McAvoy aber nur wenig nach in darstellerischer Klasse, während Betty Buckley („The Happening“) als Therapeutin ebenfalls ganz gut mithalten kann. Da fallen Haley Lu Richardson („The Last Survivors“) und Jessica Sula („Recovery Road“) schon etwas ab, nicht zuletzt, weil ihre Rollen weniger vielschichtig als die der anderen sind, können sich aber behaupten. Seinem Vorbild Hitchcock folgend hat auch Shyamalan selbst wieder einen Cameo-Auftritt, hier als Wachmann mit Hooters-Faible.
Doch trotz all der darstellerischen Klasse geht es hier nicht um eine möglichst realistische Darstellung von DID, sondern um einen Psychothriller mit Horrorelementen, bei dem sich Kidnapper, Opfer und Psychiaterin stetig belauern. Anhand der drei Entführten spielt „Split“ verschiedene Wege mit der Situation umzugehen durch, welche besonders undurchsichtig dadurch wird, dass ihr Gegenspieler jederzeit als jemand anders auftreten kann und man seine Reaktionen kaum abschätzen kann. Dabei stellt sich die zurückhaltende, aber überlegte Casey schnell als prädestinierte Gegenspielerin heraus, deren Wesen und Toughness in Rückblenden erklärt werden, auch wenn sie kein ganz so harter Hund wie beispielsweise ihr Pendant aus dem Slasher „You’re Next“ ist. Dabei spielt „Split“ mit Genreerwartungen und baut durchaus geschickt Spannung auf, vor allem durch die nur schrittweise Enthüllung der Motive des Antagonisten.
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Was hat der Entführer (James McAvoy) vor? Und wer ist er gerade?
Sobald sich langsam herauskristallisiert, was er vorhat, sind immer noch nicht alle Fragen geklärt, vor allem die Frage zwischen Wahn und Wirklichkeit mancher seiner Ideen bleibt bis zum Finale in der Schwebe. Dabei unterläuft Shyamalan Erwartungen und Vorwürfe ihm gegenüber, setzt nicht auf irgendwelche Überraschungstwists, sondern bereitet behutsam die finalen Enthüllungen vor, die sich als plausible wie logische Konsequenz des bisher Gesehenen erweisen. Für eine Überraschung, die einerseits irgendwie unnötig und leicht Banane, andrerseits auch charmant und auf ihre etwas bekloppte Art ganz witzig ist, sorgt nur eine Szene, in der ein Gastauftritt von Bruce Willis in seiner „Unbreakable“-Rolle die Möglichkeit eines Shared Universe im Shyamalan-Kosmos anteasert.
Obwohl sich „Split“ nicht in großen Überraschungstwists ergeht, so handelt es sich dennoch um einen Film, der seine Figuren bei allem Belauern, bei allen geschickt eingebauten Details und falschen Fährten, vor allem für das Finale vorbereitet. Und ausgerechnet da schwächelt „Split“ dann empfindlich, macht wenig aus seinen vorher eingeführten Figuren und setzt auch einen Showdown mit Gerenne und Geschreie, der in seiner wenig subtilen Art leider kaum zum unterkühlt-nuancierten Rest des Films passt und ein wenig an zweitklassigen Videothekenschlonz erinnert. Das ist schade, denn unter der lauten wie uninteressanten Oberfläche dieses Finales steckt eine Auflösung, die eigentlich recht clever zum Rest des Films passt.
Dementsprechend hinterlässt „Split“ den Zuschauer dann mit gemischten Gefühlen. Anya Taylor-Joy ist sehr gut und James McAvoy regelrecht famos, während Shyamalans Inszenierung und die tolle Kameraarbeit von Mike Gioulakis („It Follows“) geschickt unterkühlte Spannung aufbauen, die andrerseits ausgerechnet der holprige Showdown so unschön entlässt. Der ist eigentlich nur ein kleiner Bestandteil des Films, aber in diesem Falle ein essentieller, der den Spaß an diesem Mix aus Entführungsthriller, Psychodrama und Horror schmälert.
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„Split“ startet am 26. Januar 2017 in den deutschen Kinos und wurde von der FSK ab 16 Jahren freigegeben.
© Nils Bothmann (McClane)
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Copyright aller Filmbilder/Label: Universal__FSK Freigabe: ab 16__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Nein/Nein, ab 26.1.2017 in den deutschen Kinos |